„Wir wollen nur Gerechtigkeit …“

Die letzten beiden Tage in Palästina | Israel stehen im Zeichen der Städte Ramallah – Bethlehem – Hebron und einem Besuch beim Tent of Nations der Familie Nasser. Nach dem Besuch in Ramallah – dem Sitz der palästinensischen Automiebehörde – fahren wir am Abend zurück nach Jerusalem. Am Check Point steigen wir aus unserem Bus und gehen zu Fuß über die von Isarel an dieser Stelle festgesetzte Grenze. Drehkreuze, die immer nur 2-4 Personen durchlassen; mehrere davon gilt es zu passieren und dazwischen eingepfercht wie in Käfigen. Schließlich Gepäck- und Passkontrolle, danach wieder Drehkreuze bis wir den Check Point passiert haben. Wir wollen auf die anderen warten aber eine Stimme aus dem Lautsprecher fordert uns unmißverständlich auf nicht stehen zu bleiben – das ganze dauert etwa 30 Minuten am späten Abend wo kaum etwas los ist. Morgens stehen hier die Palästinenser_innen ab 5 Uhr zwei oder mehr Stunden um nach Jerusalem zur Arbeit zu kommen.

 

Hebron – Ort der Patriarchen

Check Points und Militär auch in Hebron in der Altstadt und dazu schwer bewaffnete Siedler auf den Straßen. Der Zugang zur Machpela – der Begräbnisstätte der Patriarchen Abraham, Isaak, Jakob und ihrer Frauen Sara, Rebekka und Lea ist schwer gesichert und vom israelischen Militär kontrolliert. Für Juden, Christen Muslime ist es ein wichtiger Ort. Die Machpela ist heute in der Mitte geteilt. Der Südteil des Gebäudes ist eine Moschee mit den Grabmälern von Isaak und Rebekka und der Nordteil eine Synagoge mit den Grabmälern von Jakob und Lea. Von der Synagoge und der Moschee kann man durch je zwei Fenster die Begräbnisstätten von Abraham und Sarah sehen, die sich in einem ummauerten Raum in der Mitte befinden. Bei aller Schönheit der Räume ist es bedrückend diese strikte Abtrennung zu erleben und die aufgeheizte Stimmung zwischen jüdischen Siedlern und der arabischen Bevölkerung in der Altstadt zu spüren. Der Dialog der drei abrahamischen Religionen ist hier in weiter Ferne!

Beim Spaziergang durch die engen und hohen Gassen der Altstadt kommen wir immer wieder durch Gassen, die nach oben hin durch Netze vor Herunterfallendem geschützt werden. Die Straßenhändler und Bewohner_innen erzählen, dass Abfall, Steine, rohe Eier und alles mögliche andere von oben aus den Wohnungen der jüdischen Siedler auf die Menschen geworfen wird. In einzelnen Straßenzügen wurden zum Schutz der Siedler aus Sicherheitsgründen die Geschäfte von den israelischen Soldaten geschlossen und die Läden verschweist. Die Rechte der arabischen Bevölkerung werden massiv beschränkt und auf beiden Seiten gibt es Wut und Hass.

 

Wir weigern uns Feinde zu sein …

Daoud Nassar

Unter diesem Leitmotiv setzt sich die Familie Nassar immer wieder für den Erhalt ihres eigenen Landes ein. Daher Nassar erwarb das Land im Jahre 1916. Seit dieser Zeit bewirtschaftet die Familie das Land und baut Olivenbäume , Weizen, Weinreben und anderes an. Immer wieder versuchte der israelische Staat einen Teil des Landes zu israelischem Staatsland zu erklären. Die Familie berichtet uns, dass im Mai israelische Bulldozer etwa 1.500 Apfel- und Aprikosenbäume gefällt haben. Mit Gerichtsverfahren gehen sie immer wieder dagegen vor. Sie gehören zu den wenigen Familien die ihre Besitzrechte mit Dokumenten aus der omanischen Zeit nachweisen können. Bisher haben Gerichte immer für sie entschieden.

 

 

Yad Vashem | Gedenken an die Shoa

Von meinen Großeltern habe ich darüber nichts erfahren – für meinen Vater war klar: nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! – im Geschichtsunterricht hatte ich engagierte Lehrer_innen von denen ich viel über die Ideologie des Nationalsozialismus, über Antisemitismus und die Shoa gelernt habe – im Theologiestudium konnte ich mich mit der Rolle der Kirche im Nationalsozialismus und dem Antisemitismus in der Kirche intensiver auseinandersetzen …

… dies alles hier in Yad Vashem mit Gesichtern, Biographien und dem Grauen der Shoa noch mal ganz anders vor Augen geführt zu bekommen, hat mich wieder zutiefst berührt.

 

Begegnungen in Nazareth

Nazareth hat sich in den letzten Jahren zu einer lebendigen Stadt mit vielen kleinen Restaurants, Coffee Shops und Pilgerunterkünften entwickelt. Gestern hatten wir Gelegenheit die Altstadt näher kennenzulernen. Noch immer leben hier fast ausschliesslich arabische Israelis – Palästinenser, die 1948 Israel nicht verlassen haben – ursprünglich über 90% Christen_innen, gegenwärtig nur noch 40%.

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Begegnung mit den Ursprüngen

In dem kleinen Dorf Burquin in der Nähe von Jenin steht einer der ältesten christlichen Kirchen der Welt. Sie wurde im Jahre 380 von Helena in Erinnerung an Jesu Heilung der 10 Aussätzigen errichtet. Auf unserer gestrigen Fahrt von Jenin nach Haifa hatten wir Gelegenheit, die Kirche zu besuchen. Am Abend feierten wir in Haifa mit der Gemeinde der Melkite Catholic Church und ihrem neuen Bischof im House of Grace den 32. Jahrestag der Gründung des Hauses. Hier werden Strafgefangene die auf Bewährung entlassen sind betreut.

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Wem gehört Silwan | The City of David

Nach Gesprächen am Samstagvormittag mit einem Vertreter von „Palestine Vision“ – einer neuen unabhängigen Jugendorganisation – und dem Dekan der islamisch-theologischen Fakultät der Al-Quds Universität, Dr. Mustafa Abu Sway fahren wir am Nachmittag in den Stadtteil Silwan. Er grenzt an die Südmauer der Altstadt, gehört zu dem palästinensischen Teil Jerusalems der 1967 besetzt und 1980 annektiert wurde. Hier vermutet man die alte Stadt Davids – der Ort, wo David ca. 1000 v.Chr. sein Königreich gründete. Für Israelis ein historisch wichtiger Ort – der Gründungsort ihres Staates – der nach ihrem Verständnis zu einem Staat Israel gehören muss. Hier leben bis heute überwiegend Palästinenser. Nach 1967 haben Siedler begonnen kleine Siedlungen illegal zu errichten, die sich mittlerweile wie ein Gürtel um den Stadtteil ziehen. Silwan ist zu einem Hot Spot in der Auseinandersetzung um die Zukunft Jerusalems geworden. Mit Ausgrabungen – zum Teil in unterirdischen Tunneln – versucht Israel die These von der Stadt Davids zu erhärten und so Besitzansprüche zu untermauern. Ein Teil der Ausgrabungen ist öffentlich zugänglich und touristisch erschlossen. Es wird vermutet, dass man bei den Ausgrabungen auf eine Mauer aus der Zeit des Königtums von David gestossen ist und dass es die Mauern seines Königspalastes sein könnten, aber sicher sind sich die Archäologen letztendlich nicht. Nun wird weiter ausgegraben – nach internationalem Recht illegal, da es Staatsgebiet der Palästinenser ist.

Stadteil Silwan

Im „Wadi Hilwah Information Center – Silwan“ – unmittelbar neben der touristisch erschlossenen Ausgrabungsstätte – informieren die Bewohner vom Ringen um ihren Stadtteil. Nach dem Zerfall des Königreiches Davids hat es hier viele verschiedene Herrscher gegeben. Seit Generationen leben sie hier und drängen auf eine Lösung die ihnen ihre Existenz- und Besitzrechte in diesem Teil Ost-Jerusalems auch künftig sichert. „I love you Silwan“ tragen einige Bewohner demonstrativ als Aufschrift auf T-Shirts.

Unsere Gesprächspartner an diesem Tag – Israelis wie Palästinenser – sind sich in einem einig: die Ausklammerung einer Lösung für die Zukunft Jerusalems im Friedensprozess von Oslo war ein Fehler. Die Frage, wem gehört Jerusalem, muss auf den Verhandlungstisch; ihr kann nicht weiter aus dem Weg gegangen werden. Unser israelischer Gesprächspartner, der uns auch sehr engagiert durch einen Teil der Ausgrabungen führt, deutet an, dass die Internationalisierung und gemeinsame Verwaltung eine mögliche Lösung wäre. Für die weiteren Ausgrabungen würde dies bedeuten, dass auch diese in gemeinsamer Planung, Absprache und Bewertung erfolgen müssen und nicht länger in Hand der Siedler liegen kann.

Beim Abendessen in der Altstadt treffen wir Rabbi Jeremy Milgrom – Mitbegründer der Rabbis for Human Rights. Als Pazifist steht er der Politik der israelischen Regierung sehr kritisch gegenüber und unterstützt die israelische Friedensbewegung.

Heute Morgen entscheiden wir gemeinsam in den englischsprachigen Gottesdienst in die Erlöserkirche zu gehen. Danach brechen wir auf nach Jenin im Norden der Westbank. Von Jerusalem fahren wir zum Toten Meer (ca. 1100 Höhenmeter tiefer gelEgen – von 800 auf -300). Dort ein kurzer Besuch im griechisch-orthodoxen Kloster zu Ehren von St. Gerrassimos und in der islamischen Tradition die Begräbnisstätte von Mose. Einige Zeit fahren wir das Jordantal entlang und biegen dann ab in das judäische Bergland nach Nablos. Nach einem kurzen Besuch am Jakobsbrunnen und der darüber errichteten Kirche – hier hat der Überlieferung nach Jesus eine Samaritanerin um Wasser gebeten – besuchen wir mit Afaf die Altstadt von Nablos. Immer wieder Bilder von jungen Männern an den Häusern, die im Wiederstand gegen Israel gefallen sind und hier als Märtyrer verehrt werden. Afaf erzählt von der hohen Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen und die damit verbundenen Herausforderung. Eine neue Jugendbegung ensteht, die versucht unabhängig von den politischen Kräften in Palästina ihre Interessen zu formulieren.

Nablos ist bis heute eine wichtig Handelsstadt und darüber hinaus bekannt für die Qualität seiner Süßspeisen. „Knafeh“ heißt die besondere Spezialität von Nablos: eine Art süß überbackener Mozarellakäse.

Am Abend erreichen wir Jenin und werden im Cinema Jenin herzlich empfangen – ein Projekt, das gegenwärtig von der EKHN mit unterstützt wird.

 

 

Erste Begegnungen mit Israel | Palästina

Rabbi David Rosen (Repräsentant des American Jewish Komittee in Jerusalem), Fr. Dr. David Neuhaus SJ. (Patriarcal Vikar for the Hebrew speaking Catholics), Ofer Zalzberg (International Crisis Group Jerusalem Office) und Propst Wolfgang Schmidt (EKD Redeemer Church) waren heute unsere Gesprächspartner. Intensive und spannende Gespräche, die uns in die aktuelle politische und religiöse Situation in Israel und Palästina eingeführt haben. Die Unterschiede  zwischen Ultraorthodoxen Juden, national-religiösen Juden, traditionellen und säkularen Juden waren in allen Gesprächen Thema.

Rabbi David Rosen

Rabbi David Rosen hat sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es eine friedliche Zukunft für diese Region nur geben kann, wenn beide Seiten -Istaelis und Palästinenser – ihre jeweiligen (Feind)bilder bezüglich des anderen überwinden und die Ängste des jeweils anderen wahrnehmen und in eine gemeinsame Zukunft einbringen können.

Fr. Dr. David Neuhaus SJ.

Ein Teil der Komplexität und Wiedersprüche in Israel ist in einer kleinen biographischen Anekdote von David Neuhaus deutlich geworden. Er ist ein in Israel gebürtiger Jude, konvertierte in Israel zum Katholizismus und hat damit seine Staatsbürgerschaft nicht verloren. Menschen jüdischer Abstammung die im Ausland leben und noch keine israelische Staatsbürgerschaft haben, zum Christentum konvertieren und dann nach Israel übersiedeln und um die israelische Staatsbürgerschaft bitten, haben dagegen nach höchst-richterlichem Beschluß kein Anrecht darauf. Israelischen Staatsbürgern_innen ist die Einreise in palästinensische Gebiet bei Strafe untersagt. Zu dem Dienstauftrag von David Neuhaus gehört der Unterricht an katholischen Ausbildungsstätten in Palästina. Bei dem Versuch der Einreise wurde er immer wieder verhaftet. 2001 lehnt die Religionsbehörde in Israel den Antrag einer zum Reform-Judentum konvertierten US-Amerikanerin auf die israelische Staatsbürgerschaft ab, da sie das Reform-Judentum nicht anerkennt. Die betroffene Person erwirkt einen höchst-richterlichen Beschluss in Israel und die Religionsbehörde musste ihr die Staatsbürgerschaft zuerkennen. Diese beschliesst ihr einen Israelischen Pass auszustellen, in dem die Rubrik „Nationalität“ offen blieb und lediglich „xxx“ eingetragen wurden um so die Anerkennung des Reform-Judentum zu umgehen. Als dies öffentlich wurde, bemühte sich David Neuhaus als israelischer Katholik sofort um einen neuen israelischen Pass in dem ebenfalls diese Rubrik mit „xxx“ ausgewiesen wurde. Mit diesem neuen Pass kann er nun unbehelligt nach Palästina ausreisen um seine Vorlesungen zu halten.

Propst Wolfgang Schmidt
Am Abend treffen wir noch Debbie Weismann – bis vor 14 Tagen noch jüdische Vorsitzende des Internationalen Rates der Christen und Juden – und feiern gemeinsam mit ihr in ihrer Gemeinde den Shabbath.

 

Urgent Appeal der Christen in Syrien und dem Libanon

Kurz vor meinem Abflug nach Tel Aviv erreicht mich über die Evangelische Mission in Solidarität (ems) ein „Urgent Appeal from the Supreme Council of the Evangelical Community in Syria and Lebanon“. In diesem dramatischen Aufruf an Kirchen und Organisationen in der ganzen Welt machen die evangelischen Kirchen in Syrien und dem Libanon auf die schreckliche Lage der Zivilbevölkerung und der christlichen Gemeinden in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien, auf die grausamen Verbrechen an der nicht sunnitischen Bevölkerung in den von der ISIS kontrollierten Gebieten Syriens und des Irak und auf die zunehmend angespannte Situation auf Grund der großen Flüchtlingsströme im Libanon aufmerksam und rufen den Notstand („state of emergency“) aus.

Sie fordern Kirchen, Organisationen und Regierungen weltweit dazu auf,

  • auf die schreckliche Lage der Minderheiten und liberalen Kräfte in der Region aufmerksam zu machen,
  • die Christliche Bevölkerung und die liberalen Kräfte in der Region zu unterstützen,
  • eine Strategie für ihre langfristige Präsenz in der Region zu entwickeln
  • und ausreichend Mittel für die Versorgung der zivilen Opfer der Gewalt und die zahlreichen Flüchtlinge in der Region zur Verfügung zustellen.

Der Aufruf ist über die Homepage der ems www.ems-online.org abzurufen.

 

Israel – Palestine Visit

We are ready to leave for our Israel and Palestine visit today in the evening from the US and tomorrow morning from EKHN!

A delegation from the New York Conference – Deanne Bellinger, Tony Green, Laurie Heidenreich and Marjorie Purnine – will join a delegation from the EKHN – Detlev Knoche, Gisela Kögler, Roland Rosenbaum and Gabriele Zander – for a 10-day visit to Israel-Palestine.

We seek a deeper understanding of the complex political/social/religious situation and a clearer picture of the peacemaking work of UCC and EKHN partners.