Erinnern – Begegnen – Handeln

Mit Workshops, Podien, in Gesprächen mit Zeitzeugen und einem Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche feiert Aktion Sühnezeichen dieses Wochenende in Berlin 60-jähriges Jubiläum. Heute morgen hat mich das Gespräch mit Yehuda Bacon tief beeindruckt.

Im Herbst 1942 kam Yehuda Bacon als 13-jähriger mit seiner Familie in das Ghetto Theresienstadt. Im Dezember 1943 wurde er mit seinem Vater in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Seine Schwester und die Mutter starben zwei Wochen vor der Befreiung im KZ Stutthof an Fleckfieber und Hunger. Sein Vater wurde in Auschwitz ermordet. Er konnte überleben, weil ein SS-Mann Jungen zwischen 12 und 16 aufforderte, sich für einen Sondereinsatz zu melden. In Auschwitz-Birkenau gehörte er dann zur Gruppe der „Birkenau-Boys“. Weil die Pferde im Krieg knapp wurden mussten die Kinder die schweren Wagen durch das Lager ziehen. Nach mehreren Todesmärschen wird er zusammen mit anderen KZ-Häftlingen am 5. Mai 1945 in Österreich befreit. 1946 wanderte er nach Palästina aus. Dort begegnete er Martin Buber und Max Brod die ihn tief geprägt haben. Trotz all der schrecklichen Erlebnisse als Kind im KZ sagt er heute mit ruhiger Stimme: „Ich habe nie die Hoffnung an den kleinen Funken des Guten der im Kern eines jeden Menschen ist aufgegeben.“ Und in seinen Erzählungen berichtet er eindrucksvoll von solch kleinen Begebenheiten.
In einem Spiegel Interview (veröffentlicht am 27.01.2014; http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/auschwitz-birkenau-ueberlebender-yehuda-bacon-ueber-holocaust-a-945791.html) antwortete er auf die Frage, was er in Auschwitz gelernt habe:
„Ich weiß jetzt, dass Bildung nur an der Oberfläche eine Rolle spielt. Wirklich bestimmend ist der Kern des Menschen. Ich habe Menschen gesehen, die in den kritischsten Momenten des Lebens zu Heiligen wurden und für andere ins Gas gingen. Und ich habe hochgebildete Professoren getroffen, die sich benommen haben wie Schweine.“ Und in dem Interview wird er weiter gefragt: Ob er nie wütend gewesen sei? „Nein“, sagt Bacon und lächelt. „Ich wollte immer nur wissen, woher das Böse kommt.“ Und haben die Deutschen mehr Talent zum Bösesein als andere? „Nein. Ich habe verstanden, dass die Gefahr des Bösen in jedem lauert.“ Man müsse kämpfen, um gut zu sein. „Wer je einen wahrhaft guten Menschen erlebt hat, jemanden, der selbstlos gibt und einfach da ist, der bekommt eine andere Perspektive, und das Leben ergibt einen Sinn.“
Ein beeindruckendes Zeugnis und die Begegnung mit ihm hat mich tief berührt! Heute ist Yehuda Bacon ein berühmter Maler. Seine Werke hängen in vielen bedeutenden Museen auf der ganzen Welt.

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