Kirche sein in den USA

Das Spezialpraktikum von Daniel Lenski im Büro des Lutherischen Weltbundes bei der UNO in New York geht nach einem Jahr nun zu Ende. Hier ein letzter Eindruck von ihm aus New York.

Predigt beim Abendessen

Wie unterschiedlich Kirche in den USA sein kann
„Bist Du zum ersten Mal bei uns? Herzliche Willkommen!“ Pfarrerin Emily steht vor einem großen gläsernen Schaufenster und reicht mir die Hand. „Hier kannst Du Dir Dein Namensschild malen und hinten im Inneren wird noch jemand gebraucht, der beim Decken der Tische hilft“. Was von außen wie eines der vielen modischen Cafés Brooklyns aussieht, ist die Dinner-Church St. Lydia‘s, eines der alternativen Gottesdienstprojekte in New York. Während im hinteren Teil des Raumes einige junge Menschen über den kochenden Eintopf wachen, sitzen vorne andere und singen die Lieder des Gottesdienstes an. Kurz darauf stehen wir alle mit einer dünnen Kerze in der Hand im Kreis und singen im Wechsel die Eingangsliturgie, die von einer Shrutibox begleitet werden. „Steckt nun die Kerzen in die mit Sand gefüllte Schalen, die auf den gedeckten Tischen warten“, ermuntert uns Emily. Die Gottesdienstteilnehmer, meist Studenten oder junge Berufstätige, versammeln sich um die Tischgruppen. Das Brot wird gebrochen, dann gemeinsam der Eintopf gegessen. Bunte Gespräche mit den Nachbarn beginnen, wobei die kleinen Namensschilder behilflich sind. Als ich gerade meinen letzten Löffel esse, erklingt eine Glocke, die Predigt beginnt. Heute ist Julia an der Reihe, eine Theologiestudentin. An die Predigt über die letzten Tage Jesu schließt sich ein Nachgespräch an, bevor der Segen über den Traubensaft gesprochen wird. Gut koordiniert helfen alle Gottesdienstteilnehmer im Anschluss beim Aufräumen und Abspülen, bevor wir schließlich – wieder im Kreis stehend – den Segen empfangen.
St. Lydia‘s ist eines von mehreren Projekten der Lutheraner in New York, Kirche in anderer Form zu erproben. Das Projekt „Zwei oder Drei“ von Pfarrerin Anna hingegen hat die Idee eines festen Versammlungsortes bereits hinter sich gelassen: Die vor allem jungen Mitglieder ihrer Gemeinde treffen sich an unterschiedlichen Orten zu Bibelarbeiten und Andachten: In einem Café, einer Bibliothek oder im Sommer im Park. Per Mail und facebook organisiert sich die junge Gemeinde relativ spontan.
Neben diesen „großen“ Projekten gibt es aber auch manche kleinere Gottesdienstidee, die ich nun am Ende meines Jahres wieder mit nach Deutschland nehmen werde: Das Gottesdienstblatt mit Ablauf und Texten gehört hier zum Standard – und hilft besonders denen, die nicht mit der Liturgie vertraut sind. Der kleine Regenbogenaufkleber neben der Kirchentür, der unaufdringlich anzeigt, dass jede und jeder willkommen ist. Oder die gegenseitige Begrüßung zu Beginn des Gottesdienstes, eine Art vorgezogener Friedensgruß: Ein kurzes Handschlag mit dem Nachbarn, ein paar Worte der gegenseitigen Vorstellung und schon fühlt sich Gemeinde ganz anders an.

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