Kein Schlussstrich unter unserer Geschichte

Heute haben wir in Berlin in einem Gottesdienst und anschließendem Festackt 60 Jahre Aktion Sühnezeichen Friedensdienste gefeiert. Die Erinnerung an Präses Lothar Kreyssig der im April 1958 am letzten Tag der EKD Synode zur Gründung der Aktion Sühnezeichen aufrief war darin ein wichtiges Element. Bundespräsident Walter Steinmeier fand im Blick auf die für heute angekündigte Großdemonstration der AFD in Berlin klare Worte und großen Beifall: „Wer auch immer heute an welchem Ort auch immer demonstriert sei eines klar gesagt: unter Geschichte lässt sich kein Schlussstrich ziehen!“Die Anerkennung der Schuld für die nationalsozialistischen Verbrechen steht am Anfang des Gründungsaufrufs von Aktion Sühnezeichen. „Wir Deutschen“, heißt es darin, „haben den Zweiten Weltkrieg begonnen und damit mehr als andere unmessbares Leiden der Menschheit verschuldet. Deutsche haben in frevlerischem Aufstand gegen Gott Millionen Juden umgebracht. Wer von uns Überlebenden das nicht gewollt hat, hat nicht genug getan, es zu verhindern.“ In der Überzeugung, dass der erste Schritt zur Versöhnung von der Seite der Täter und ihrer Nachkommen zu gehen sei, baten die Sühnezeichen-Gründer „die Völker, die von uns Gewalt erlitten haben, dass sie uns erlauben, mit unseren Händen und mit unseren Mitteln in ihrem Land etwas Gutes zu tun“ – zeichenhaft, als Bitte um Vergebung und Frieden.

Am Ende des Gottesdienstes standen Worte aus dem „Chanson für Morgen“ von Mascha Kaleko:

Wir wissen nicht, was morgen wird.
Wir sind keine klugen Leute.
Der Spaten klirrt, und die Sense sirrt,
Wir wissen nicht, was morgen wird.
Wir ackern und pflügen das Heute.

Wir wissen wohl, was gestern war,
Und wir hoffen, es nie zu vergessen.
Wir wissen wohl, was gestern war,
Und wir säen das Brot, und das Brot ist rar,
Und wir hoffen, es auch noch zu essen.

Wir wissen nicht, was morgen wird,
Ob der Kampf unserer harrt oder Frieden,
Ob hier Sense sirrt oder Säbel klirrt –
Wir wissen nur, dass es Morgen wird,
Wenn wir Schwerter zu Pflügen schmieden.

(Mascha Kaléko [1907-1975]: „Chanson für Morgen“, in: „Verse für Zeitgenossen“, 1945)

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