Saint-Jean-Pied-de-Port: am Ziel angekommen

Es ist ein sehr bewegendes Gefühl als wir in Saint-Jean-Pied-de-Port durch das Jakobstor in die kleine Stadt einlaufen. Nach einer herrlichen und entspanntenTagesetappe von 20 km sind wir am Ziel angekommen. Am Vormittag erleben wir, wie sich die Sonne langsam gegen den Frühnebel und die Wolken durchsetzen kann – ein herrliches Schauspiel.
2007 haben wir unseren Pilgerweg in Konstanz begonnen. Nur die Etappen 2008 in der Schweiz – von Flueli-Ranft nach Fribourg – bin ich nicht mit gepilgert. Insgesamt liegen seit Konstanz etwa 1.400 km hinter uns. In diesem Jahr waren es knapp 240 km. Spätestens seit Le Puy stand immer wieder die Frage im Raum, gehen wir im nächsten Jahr weiter? Die beeindruckende Landschaft, die französische Gastfreundschaft, die familiäre Atmosphäre in vielen der Unterkünfte und nicht zuletzt das gute Essen und der gute Wein haben uns am Ende immer wieder sagen lassen, ja, wir gehen im nächsten Jahr weiter – zumindest bis Saint-Jean-Pied-de-Port, dem Ausgangspunkt vieler Pilger die von dort den „eigentlichen“ Jakobsweg nach Santiago de Compostela gehen. So war denn für uns alle bei der Abreise in Frankfurt vor zwei Wochen deutlich, dass dies unsere letzten gemeinsamen Etappen auf dem Weg im Süden Frankreichs sein werden. Die An- und Abreise (diesmal 1.400 km auf dem Rückweg) ist einfach zu lang.

Etwa 2 km vor Saint-Jean-Pied-de-Port feiern wir in der alten Kirche von Magdeleine unseren letzten gemeinsamen Gottesdienst und Abendmahl. Es ist eine eigenartige Atmosphäre. Die Freude über die Schönheit des Weges, Dankbarkeit, dass wir alle gut angekommen sind, das Spüren der eigenen körperlichen Grenzen und die Freude, dass wir es geschafft haben mischen sich mit Trauer und Wehmut, dass dieser gemeinsame Weg für uns nun an ein Ende gekommen ist. In seinen Gedanken, die uns Michael für diesen Tag mitgegeben hat, nimmt er diese Stimmung auf:

„Wir haben uns seit den Anfängen dieses gemeinsamen Weges in Konstanz in wechselnden Konstellationen immer wieder als Gruppe zusammengefunden. … Wir hatten viel zu erzählen auf diesem Weg: dienstliche Obliegenheiten und Begebenheiten unterschiedlichster Art; Entwicklungen in unserem familiären Umfeld; persönliche Erfahrungen von Krankheiten und Belastungen, von erfreulichen Ereignissen und familiären Höhepunkten. Die Beziehungen zu einzeln Gruppenmitgliedern waren für jeden und jede unterschiedlich intensiv, die Sympathien unterschiedlich verteilt. Das hat uns nicht gehindert, uns Jahr für Jahr nach Möglichkeit wiederzusehen, uns gemeinsam auf diesen Weg zu begeben, auf Strapazen und Schönheiten des Weges, und gemeinsam an alten Erfahrungen anzuknüpfen und neue miteinander zu machen. Wir haben uns – als Gruppe gefunden.
Es ist … die Vernunft, die uns sagt, dass dieser Weg in dieser Form heute endet. Schade – natürlich. …
Schade und aus? Ich würde sagen. Aus und Danke. Danke für diesen gemeinsamen Weg, um den uns viele beneiden, die davon hören. Danke für die vielen Erfahrungen, die wir miteinander teilen konnten. Wo ist man sonst mit Kollegen so intensiv zusammen? Danke für die körperlichen Strapazen, zu denen wir uns als Gruppe motiviert und die wir gerne freiwillig auf uns genommen haben. Danke für die Menschen, die wir besucht und von denen wir bewirtet und mit denen wir in Kontakt, manchmal auch ins Gespräch gekommen sind. Danke für die wunderbaren Ausblicke, die einige von uns z.T: in Bildern festhalten und den anderen zur Verfügung stellen konnten – Danke für die Ausblicke, die man nicht digital festhalten kann, die aber auch weiterwirken. Danke für die tägliche Gemeinschaft unter dem Wort und am Tisch des Herrn, so ganz ohne festliche Gewänder, aber ab und zu doch mit einem Glanz, der unser Herz erreicht hat. Danke für alles, wovon wir den anderen erzählen können, zu denen wir zurückkehren, die zu Hause geblieben sind, die durch unsere Erfahrungen Mut bekommen, sich auch auf den Weg zu machen, äußerlich, mit den Füßen, oder innerlich, mit dem Herzen, mit den Gedanken, mit dem Inneren Menschen. Danke dafür, dass wir immer wieder ‚Gemeinde unterwegs‘ und ‚Gemeinde auf Zeit‘ waren.“

Hier nochmal die einzelnen Wege im Überblick:

Der Schwabenweg von Konstanz nach Einsiedeln

Der Innerschweizer Weg von Einsiedeln nach Genf

Der Via Gebennensis von Genf nach Le Puy

Der Via Podiensis von Le Puy nach Saint-Jean-Pied-de-Port

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